Eine Person schaut in die Kamera.
Stefan Loureiro Silva ist einer von 14 Ausbildungslotsen der MaßArbeit.
Dienstag, 24. September 2024

Ausbildungslotse der MaßArbeit begleitet Jugendliche auf ihrem Weg in den Beruf

Fürstenau. Stefan Loureiro Silva ist einer der 14 Ausbildungslotsen im kommunalen Jobcenter des Landkreises Osnabrück, der MaßArbeit. Er begleitet in Fürstenau Jugendliche auf ihrem Weg in den Beruf. Dafür arbeitet er eng mit den Ausbildungsbetrieben zusammen und ist in der Kommune stark vernetzt.  Über seine Arbeit erzählt er im Interview.

Herr Loureiro Silva, wie sind Sie Ausbildungslotse geworden?

Ich habe Soziale Arbeit studiert und während meines Anerkennungsjahres an einer Schule sprach mich ein Ausbildungslotse an, der regelmäßig in der Schule war: „Wir suchen gerade jemanden für unser Team und du würdest voll gut passen. Bewirb dich doch mal auf die Stelle!“. Und dann hab ich tatsächlich 2020 im Jobcenter angefangen – mitten in der Coronazeit.

Warum sind Sie Ausbildungslotse?

Der Übergang von Schule in den Beruf ist eine superspannende Zeit. Ich selbst habe nach der Schule eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht und kann mich gut in die Lage von Jugendlichen hineinversetzen: Alles ist neu, wenn du in die Berufswelt einsteigst. Es gibt plötzlich neue Autoritätspersonen, geregelte Arbeitszeiten, du bekommst dein erstes Gehalt. Und dann steckst du noch voll in der Persönlichkeitsentwicklung. Ich kann das gut nachvollziehen, wenn Jugendliche zu mir kommen und sagen: „Das ist voll krass und anstrengend.“

Wann setzt denn Ihre Arbeit als Ausbildungslotse genau an? Mit Beginn der Ausbildung?

Nein, viel früher. Wir gehen je nach Schulform in die achten, neunten oder zehnten Klassen und stellen uns vor, erzählen, wer wir sind und dass wir Jugendliche unterstützen, die eine Ausbildung machen möchten. Das machen wir an allen Schulen, auch an den Gymnasien. Die Jugendlichen kommen sozusagen nicht an uns vorbei. Uns ist wichtig, dass wir möglichst früh ansetzen, damit sie genug Zeit haben. Gleichzeitig bin ich im Jobcenter angestellt, das heißt, mein besonderes Augenmerk liegt auf Jugendlichen, deren Familien Bürgergeld beziehen. Sobald sie 15 werden, lade ich sie zu einem ersten Beratungsgespräch ein. Aber grundsätzlich kann jede und jeder Jugendliche zu mir kommen.

Wie lange begleiten Sie die Jugendlichen?

Das ist ganz unterschiedlich. Manche berate ich nur einmal, andere begleite ich lange, je nachdem, welche Schwierigkeiten sie haben.

Was beschäftigt die Jugendlichen, die Sie begleiten? Wel-che Schwierigkeiten haben sie?

Meistens, wenn ich eine Schule besuche und nach dem Berufswunsch frage, gibt es in jeder Klasse immer zwei oder drei, die sagen: Ich weiß schon, was ich mache. Aber der Rest ist sehr unsicher, auch noch in der zehnten Klasse. Ich glaube, das hat auch mit den vielen Berufsmöglichkeiten zu tun, die es heute gibt. Sie wissen nicht, was der Unterschied zwischen einem Metalltechniker und einem Metallbauer ist oder was genau eine Fachkraft für Lagerlogistik macht. Und die Jugend von heute strebt natürlich nach mehr. Die wollen coole Ausbildungsberufe und die Karriereleiter schnell hochsteigen. Es ist gut, erstmal gemeinsam nach ihren Fähigkeiten und Ressourcen zu schauen. Was bringst du denn überhaupt mit? Wo liegen deine Fähigkeiten? Wie könntest du die gut einsetzen? Und dann stelle ich ihnen Berufe vor, die zu ihnen passen könnten.

Fällt es Ihnen manchmal schwer, die Jugendlichen zu erreichen?

Eigentlich nicht, ich bekomme meistens wirklich schnell einen Draht zu ihnen. Für mich persönlich ist es in dem Job ein großer Gewinn, dass ich selbst eine Ausbildung gemacht habe und ihnen von meinem Weg erzählen kann. Nach meiner kaufmännischen Ausbildung mochte ich meine erste Stelle zum Beispiel überhaupt nicht. Ich habe dann nochmal etwas komplett Anderes gemacht und bin bei der Lufthansa Flugbegleiter geworden. Das mache ich bis heute – neben meiner 30-Stunden-Stelle im Jobcenter. Und ich hab damit mein Studium finanziert. Das erzähle ich den Jugendlichen, um zu zeigen, wie viele Möglichkeiten es gibt. Ich sage ihnen auch immer: „Ihr entscheidet euch nicht für euer Leben, sondern erstmal nur für die nächsten drei Jahre. Ihr könnt danach noch euren Meister machen, ein Studium draufpacken oder euch selbstständig machen. Egal, was ihr später mit der Ausbildung macht, ihr lernt ganz viel fürs Leben.“

Was müssen Jugendliche denn mitbringen, um gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu haben?

Es gibt Betriebe, die sind wirklich im Jahr 2024 angekommen. Die haben verstanden, dass die Jugendlichen nicht immer direkt auf sie zukommen, sondern dass man sich als Betrieb auch auf die Jugendlichen zubewegen muss. Und die schauen dann auch nicht nur auf die Noten. Den Betrieben, mit denen ich in engem Kontakt stehe, ist vor allem das Sozial- und Arbeitsverhalten wichtig. Also wie die Jugendlichen mit Menschen umgehen und wie viele Fehltage sie in der Schule hatten. Aber klar gibt es auch immer noch Betriebe, bei denen Noten an erster Stelle stehen.

Beraten Sie auch Ausbildungsbetriebe?

Ja, wir sind auch Ansprechpartner für die Betriebe, wenn sie Nachwuchs suchen oder es innerhalb der Ausbildung Probleme gibt. Sie sprechen uns an, wenn sie zum Beispiel einen Jugendlichen haben, dem es nicht gut geht, bei dem es Probleme zu Hause gibt oder der nicht pünktlich zur Arbeit kommt. Wir unterstützen dann bei den Gesprächen mit den Azubis und versuchen gemeinsam lösungsorientiert einen Konsens zu finden.

Können Sie ein Beispiel für die Schwierigkeiten nennen, mit denen die Jugendlichen zu kämpfen haben?

Ich habe 2020 im Jobcenter angefangen, also mitten in der Coronapandemie. Damals war es sehr schwierig, Kontakt zu Jugendlichen aufzubauen und auch zu halten. Praktika waren in der Zeit unmöglich. Jetzt ist die Pandemie zwar vorbei, aber man spürt die Nachwirkungen. Der Kontaktaufbau ist manchmal immer noch schwierig. Viele Jugendliche haben ein eingeschränktes Selbstwertgefühl und sehen ihre Fähigkeiten nicht. Und dann sehe ich vermehrt psychische Auffälligkeiten wie Suchtverhalten, Depressionen oder Angststörungen.

Was machen Sie denn, wenn Jugendliche so große Probleme haben? 

Wenn ich mit meinem professionellen Wissen nicht weiterkomme, kann ich auf das Spezialwissen einer breiten Palette an Netzwerkpartnern hier im Landkreis zurückgreifen, wie der Schuldnerberatung, der Suchtberatung, den Jugendämtern, Jugendwerkstätten, der Polizei und den Beratungsstellen oder Kliniken für psychische Erkrankungen. Und natürlich kann ich meine Kolleginnen und Kollegen um Rat fragen. Wir Ausbildungslotsinnen und -lotsen haben ganz unterschiedliche Professionen und das bringt eine ungeheure Vielfalt mit sich. Wir veranstalten regelmäßig Fallbesprechungen und Supervision. Und ganz wichtig ist natürlich auch die Zusammenarbeit mit den Eltern. Auch die nehmen wir von Anfang an mit ins Boot. Ohne dieses starke Netzwerk würde meine Arbeit nicht so gut funktionieren.


Stefan Loureiro Silva, 33, arbeitet seit vier Jahren als Ausbildungslotse beim kommunalen Jobcenter MaßArbeit des Landkreises Osnabrück. Er ist einer von 14 Ausbildungslotsen des Jobcenters, deren Stellen aus SGB II-Mitteln und kommunalen Geldern finanziert werden. Stefan Loureiro Silva hat eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht, ist Flugbegleiter und hat Soziale Arbeit studiert. Er unterstützt Jugendliche im Alter zwischen 15 und 26 Jahren an Schulen, in seinem Büro oder besucht sie zu Hause. Die Beratung ist kostenlos, freiwillig und anonym. Ziel ist, dass ein Bezug von Bürgergeld frühzeitig vermieden wird und junge Menschen in Ausbildung vermittelt werden.

 

Quelle: Servicestelle SGB II des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

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