Neue berufliche Chancen durch Ausbildung in Teilzeit
Bersenbrück. „Hier ist kein Arbeitstag wie der andere. Das reizt mich immer noch sehr“, schwärmte Ilona Rybin. Im August 2023 hat die 29-Jährige ihre Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement bei dem IT-Unternehmen ServeCom in Bersenbrück begonnen. Das Besondere daran: Die alleinerziehende Mutter bekam durch die Unterstützung der MaßArbeit und der Caritas Arbeits- und Dienstleistungsgesellschaft die Chance, ihre Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren – und kann dadurch die Erziehung ihrer vierjährigen Tochter und die Anforderungen im Beruf miteinander vereinbaren.
„Diese Vermittlung ist eine richtige Erfolgsstory. Das Engagement von ServeCom ist kein Standard bei uns im Landkreis Osnabrück. Wir würden uns wünschen, dass die Ausbildungsbetriebe diesem Modell aufgeschlossener gegenüberstehen würden“, sagte Michael Kelka, Bereichsleiter Kommunale Arbeitsvermittlung bei der MaßArbeit, die gemeinsam mit der Caritas den beruflichen Weg für die junge Mutter ebneten. Auch ServeCom hatte mit dieser Ausbildungsform bis zum Eintritt von Ilona Rybin noch keine Erfahrung gemacht. Statt in Vollzeit ist die 29-Jährige 30 Stunden pro Woche im Betrieb und in der Berufsschule in Bersenbrück. Die gesamte Ausbildung dauert daher insgesamt vier Jahre.
„Für einen kleineren Betrieb mit 18 Mitarbeitenden ist es erst einmal eine Herausforderung, dass die Auszubildende nur vormittags anwesend ist. Wir unterstützen uns hier gegenseitig. Das musste sich erst einspielen. Inzwischen klappt es problemlos“, betonte Burkhard Hoffhaus, Geschäftsführer von ServeCom. Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus, dass die junge Frau ihren beruflichen Neuanfang in dem EDV-Unternehmen starten kann: Auf ihre Bewerbung auf den vakanten Ausbildungsplatz hatte sie erst einmal eine Absage erhalten. Im Rahmen des Projekts „Job on Top“, das einen Schwerpunkt auf die Arbeitserprobung legt, vermittelte die Caritas Ilona Rybin daraufhin ein Praktikum bei ServeCom. Die Absage des Unternehmens habe sich anschließend als Fehlentscheidung herausgestellt, wie Burkhard Hoffhaus berichtete: „Nur aufgrund der Bewerbungsunterlagen hätten wir sie nicht eingestellt. Ilona hat uns bei ihrem Praktikum im persönlichen Kontakt jedoch so überzeugt, dass wir heute froh sind, sie in unserem Team zu haben.“
Zusammen mit ihrer Kollegin Anke Boitmann arbeitet Ilona Rybin nach den Worten des ServeCom-Geschäftsführers im Innendienst, im „Herzen der Firma“. Dort ist die Auszubildende in der Büroorganisation, zum Beispiel für die Beschaffung von Materialien, für den Wareneingang, das Rechnungswesen, Lizenzmanagement und als Ansprechpartnerin für Kunden zuständig. „Dies ist ein extrem wichtiger Bereich und die Schnittstelle zu unseren Technikern. Wenn es da klemmt, gerät einiges ins Stocken“, so Burkhard Hoffhaus.
Während der siebenmonatigen Maßnahme von MaßArbeit und Caritas „Job on Top“ wuchs bei Ilona Rybin im Einzelcoaching der Wunsch, sich auf Dauer beruflich zu verändern. Die Kinderbetreuung zu sichern, sei eine der großen Herausforderungen gewesen, erläuterten Lisa Morig und Verena Richter, bei der Caritas verantwortlich für das Projekt, das Frauen auf dem Weg ins Berufsleben begleitet. Die persönliche Situation, zum Beispiel als Alleinerziehende, erschweren nicht selten den (Wieder)-Einstieg in Job oder Ausbildung. Durch die enge Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern wie beispielsweise dem Familienservicebüro, gelang es unter anderem, eine Tagesmutter für die Betreuung der Tochter zu gewinnen.
„Unser Ziel ist es, langfristig in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu vermitteln. Teilzeitausbildung kann in vielen Fällen eine Lösung sein“, so die Projektverantwortlichen, die bei den Unternehmen viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. „Viele kennen diese Möglichkeit gar nicht oder sind skeptisch. Betriebe müssen sich einen Ruck geben, gerade mit Blick auf den aktuellen Fachkräftemangel.“ Das bestätigt auch MaßArbeit-Bereichsleiter Michael Kelka: „Wir haben eine große Zielgruppe von alleinerziehenden Frauen, für die eine Teilzeitausbildung in Frage kommen würde. Wir sind deshalb sehr froh zu sehen, wie gut dies in der Praxis funktionieren kann und welche Chancen sich für Arbeitgeber und Azubi daraus ergeben.“
Gerade erst sei eine Teilzeit-Auszubildende zur Kauffrau im Gesundheitswesen in ein Krankenhaus der Region vermittelt worden, so die Projektverantwortlichen von „Job on Top“. Auch Burkhard Hoffhaus hat die Entscheidung, Ilona Rybin als Auszubildende in Teilzeit einzustellen, nicht bereut. Im Gegenteil: „Wir haben mit dem Modell gute Erfahrungen gemacht. Unternehmen, die ebenfalls überlegen, einen Ausbildungsplatz in Teilzeit anzubieten, können sich bei Fragen gerne an uns wenden.“
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